Backen mit mittelalterlichem Flair

Marco und Andreas Matuschak sind zwei Brüder, die sich richtig gut verstehen und vieles gemeinsam machen. So haben sie sich vor über 20 Jahren zusammen mit einer guten Freundin, einer Konditor- und Bäckereimeisterin, mit einer mobilen Veranstaltungsbäckerei selbständig gemacht. Mit ihrem „Pfaffenglück“ trifft man sie auf der Kieler Woche ebenso wie auf dem Hamburger Dom an.

© Veranstaltungsbäckerei Matuschak

© Veranstaltungsbäckerei Matuschak

Marco und Andreas verstehen sich nicht nur gut und hatten ähnliche Berufswünsche, sondern sie teilen auch das Faible für die mittelalterlichen Märkte. So war es naheliegend, dass sie sich zusammentaten und vor gut 20 Jahren mit einer Freundin, einer Bäcker- und Konditormeisterin, die erste mobile Bäckerei gründeten. 

Mit ihrer Vorliebe für mittelalterliche Handwerkskunst wurde der Bäckereiwagen natürlich selbst entworfen und nach eigenen Plänen auch selbst gebaut. Getreu dem Motto der Mittelaltermärkte und der entsprechenden Berufskleidung der Betreiber, hebt sich der Wagen vom Standard ab und fällt den Besuchern sofort ins Auge. Auch die in alter Handwerkskunst hergestellten (Hefe-)Teigwaren gehen auf Rezepte aus alten Zeiten zurück. Das heiß begehrte Pfaffenglück ist ein uraltes Rezept aus einem Kloster, andere Rezepte fanden die Brüder in alten Rezeptbüchern in Bibliotheken. Diese Backrezepte sind somit nicht in herkömmlichen Bäckereien erhältlich.

Inzwischen hat sich die mobile Veranstaltungsbäckerei zu einem Familienbetrieb entwickelt. Auch Andreas’ Frau, sowie Marcos große Söhne Henry (21) und Luis (19) sind mit viel Herzblut dabei. Außerdem arbeitet die Familie seit Jahren mit mehreren festen Minijobkräften zusammen, die je nach Ort der Veranstaltung aus Kiel, Lübeck oder Flensburg herbei geholt werden. Man kennt sich seit Jahren und kann sich aufeinander verlassen.

Nordbauernmitglied

Marco ist seit über fünf Jahren Mitglied bei den Nordbauern Schleswig-Holstein e.V. Die Nordbauern bieten, so sagt er, einen großen Informationspool, aus dem sich jedes Mitglied die für ihn wichtigen Informationen abschöpfen kann. Er sagt, „wenn neue Bestimmungen, die auch uns betreffen, erlassen werden, bekommen wir diese durch die Mitgliedschaft bei den Nordbauern automatisch mitgeteilt. Das ist enorm wichtig, da man sonst, ohne die neuen Richtlinien zu kennen, schnell mit einem Bußgeld wegen fehlerhafter Kennzeichnung oder sonstigem belastet werden kann.“ 

Mobile Veranstaltungsbäckerei

Der Anhänger, auf den die mobile Bäckerei gebaut wurde, besteht aus einer fest eingebauten Küche mit Wasser- und Stromanschluss, Kühlschrank, sowie der Backstube mit dem Steinofen.

Um auf einer Veranstaltung einsatzbereit zu sein, wird die Anfahrt auf den Vortag gelegt, sodass am nächsten frühen Morgen direkt mit der Teigherstellung und der Zubereitung begonnen werden kann. Der Hefeteig braucht, um richtig gut zu werden, vor allem eins – Zeit. Zeit zum Gehen, Zeit zum Kneten und Zeit zum Ruhen. „Nur dann“, so erklärt Marco Matuschak, „können sich die verschiedenen Eiweiße die im Mehl stecken verbinden, um dem Teig seinen Geschmack und die richtige Konsistenz zu verleihen. Vor allem auch beim Kneten braucht es das richtige Zeitgefühl. Denn auch ein zu lange gekneteter Teig wird nicht gut, sondern pampig und strukturlos.“

In einem mit Buchenholz befeuerten Steinofen werden täglich frisch vor Ort Kräuterbrote, warme Kräuterfladen mit Schinken, Käse und Sauerrahm überbacken, oder gerne auch rein vegetarisch hergestellt, Ringe mit Schmalz und Röstzwiebeln gebacken und für die Naschkatzen gibt es Rosinenknoten und Schokoringe im Angebot. Der Besucher kann vor Ort sehen, wie die Backwaren gefertigt werden. Dadurch wird ihm nicht nur ein kulinarisches Vergnügen, sondern auch ein außergewöhnliches Erlebnis zuteil. Das Handwerksspiel in der Bäckerei zwischen den Bäckersleuten in historischen Gewändern und dem Holzofen rundet das Gesamtbild ab. Ob Messen, rustikale Märkte oder auch Parkanlagen in schönem Ambiente – die Veranstaltungsbäckerei ist für sich schon ein kleines Gesamtkunstwerk.

© Veranstaltungsbäckerei Matuschak

© Veranstaltungsbäckerei Matuschak

Backen im Mittelalter

Brot ist eines der ältesten vom Menschen zubereiteten Nahrungsmittel. Archäologische Funde aus Nordafrika belegen, dass dort bereits vor circa achttausend Jahren Getreide wie Hirse und Sorghum angebaut und verarbeitet wurde. Es wird vermutet, dass damals nur ungesäuertes Fladenbrot hergestellt und auf heißen Steinen geröstet wurde. Die alten Ägypter (2650–2000 v. Chr.) kannten bereits die Funktionsweise von Sauerteig und stellten mindestens 16 verschiedene Brotsorten her. In dem heutigen Deutschland ist der Beruf des Bäckers nachweisbar seit der Zeit Karls des Großen (768–814) bekannt.

© Matuschak

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Pfaffenglück

Das Pfaffenglück ist ein Kräuter-Hefeteig-Fladen, der mit Schinken und Käse im Steinofen auf Buchenholz goldbraun gebacken und mit Sauerrahm und Schnittlauch oder Lauchzwiebeln gegessen wird.  

Viel unterwegs

Die Matuschaks stehen, beziehungsweise standen mit ihrer Veranstaltungsbäckerei bis die Corona-Krise auch bei uns begann, auf dem Hamburger Dom, dem Hafengeburtstag, dem Weihnachtsmarkt am Rathausplatz, der Kieler Woche, der Norla, sowie an Himmelfahrt bei der Rum-Regatta in Flensburg, dem Museumsdorf in Molfsee und so einigen anderen.

Da die mobile Bäckerei auch die Biozertifizierung besitzt, wird in ihr auch für die verschiedenen Märkte auf dem berühmten Schloss Gottorf auf Wunsch der Initiatoren in Bioqualität gebacken.

Die Veranstaltungsbäckerei lässt sich jedoch auch für große private Feierlichkeiten wie zuletzt zum Beispiel für eine Polterhochzeit oder Firmenfeiern buchen. Voraussetzung dafür, den Anhänger aufstellen zu können, ist ein Platz von mindestens 7,50 x 4,50, sowie ein Strom- und Wasseranschluss. 

© Veranstaltungsbäckerei Matuschak

© Veranstaltungsbäckerei Matuschak

Dann kam Corona

Marco Matuschak erzählt, „Anfang April bekamen wir, wie viele andere auch, von heute auf morgen Berufsverbot. Sämtliche Veranstaltungen für die wir uns in diesem Jahr angemeldet hatten wurden inzwischen bis zum Herbst (vorerst) abgesagt und private oder Firmenfeiern im größeren Stil finden nicht statt, so dass wir quasi arbeitslos sind.“

Weiter sagt er, „Inzwischen haben wir angefangen unsere eigenen Backmischungen zu kreieren und diese in kleine dekorative Säckchen abzufüllen, um sie nun zu vermarkten. Ein paar unserer Nordbauernkollegen verkaufen sie mittlerweile in ihren eigenen Hofläden. Wir versuchen jetzt außerdem, unsere Fertigmischungen über einige Edeka-Märkte zu vermarkten. Es ist zwar ein neuer Geschäftszweig, der jedoch nur im großen Stil einen kleinen Teil der finanziellen Verluste auffangen würde.“ 

Marco Matuschak steht den Corona-Bestimmungen ein wenig verständnislos gegenüber. Er fragt sich, warum Wochenmärkte wieder aufmachen dürfen, ihn aber nicht aufnehmen wollen. Warum Freizeitparks wieder öffnen dürfen, aber der Museumsmarkt in Molfsee für Oktober schon abgesagt werden musste.  Auch vor Supermärkten darf die Familie nicht wie andere Feinkost-, Fisch-, oder Hähnchenhändler stehen. So ist die Lage nun seit knapp vier Monaten und die Familie Matuschak mit ihrer Veranstaltungsbäckerei ist einer von vielen kleinen Betrieben, die nicht wissen wie, wann und ob es überhaupt weitergehen wird.

Autorin: Barbara Meier, Nordische Esskultur, Juli 2020

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